Kapitel 1 - Die Umfrage


Mit 69 (bzw. für Clan-Mitglieder 86) Fragen und einer Teilnehmerzahl von 12.046 Spielern ist der "Gamers-Survey 2003" einer der wohl bisher umfangreichsten im deutschen Sprachraum jemals durchgeführten. Die Erhebung [GS] fand im Zeitraum vom 5.-14. September 2003 statt, wobei bewusst zwei komplette Wochenenden mit einbezogen wurden, da diese sich durch erhöhte Aktivität sowohl der Spieler als auch der Redakteure von Newspages auszeichnen. Bei der Erstellung des Fragebogens war die Tatsache, dass ich selbst langjährige Onlinegaming-Erfahrung besitze, äußerst hilfreich. Nicht nur war es dadurch leichter, den richtigen "Ton" zu treffen, sondern auch die Verbreitung und Publikmachung des Surveys gestaltete sich durch gute Kontakte in der Szene deutlich unkomplizierter.

1.1 Entwurf und Implementierung

Zwei Zielsetzungen wurden mit der Umfrage verfolgt: zum einen sollte eine thematisch möglichst umfangreiche Datenerhebung über die Onlinegamer im deutschsprachigen Raum durchgeführt, zum anderen ein die Klientel der Spieler ansprechender Fragebogen entworfen werden, um eine möglichst hohe Teilnehmerzahl zu erreichen. Eine offene Form der Fragestellung schloss ich dabei, aufgrund des zu erwartenden überproportionalen Zeitaufwands bei der Auswertung, von vornherein aus.

1.1.1 Konzeption

Die bekanntermaßen eher geringere Aufmerksamkeitsspanne beim Lesen von Texten im Internet sowie die Annahme, es mit einer ausgesprochen heterogenen Alters- und Vorbildungsstruktur der Befragten zu tun zu haben, veranlasste mich schließlich, die traditionelle Poll-Form zu wählen. Webpages aller Art, auch im Gaming-Bereich, verwenden sie nahezu ausschließlich, wodurch die Teilnehmer vertraut mit dem Schema sind und eine höhere Beteiligung am Survey als wahrscheinlich angenommen werden konnte. Dadurch wurde es gleichzeitig möglich, eine sehr breites Spektrum von Themen anzusprechen, was mir genug Raum auch für Fragen ließ, deren Zusammenhang mit dem Gaming nicht unmittelbar ersichtlich ist, aber Ansatzpunkte zum Abgleich mit Sekundärstudien aus anderen Bereichen, wie Demographie oder politischen Meinungsumfragen, ermöglichen sollte. Der restliche Teil des Kataloges wurde hinsichtlich der in der Einleitung erwähnten Fragestellungen operationalisiert, ergänzt um einige Fragen mit Kontrollfunktion, einige isolierte und einige Redundanzfragen. Sowohl diskret-quantitative als auch qualitative Fragestellungen fanden Eingang in die Umfrage, wobei eine gewisse Unschärfe aufgrund des Fehlens von Mehrfachantworten bewusst in Kauf genommen wurde.

Klassische Grundregeln des Fragebogendesigns, wie z. B. die Einteilung in thematische Frageblöcke, eine kompakte Formulierung der Fragen in unter 20 Worten, die Verwendung eines möglichst konkreten und einfachen Sprachstils, dieVermeidung von Negativ-Antworten unter den ersten Fragen und natürlich das Konzept multipler Indikatoren, wurden nach Möglichkeit berücksichtigt. Teilweise entschied ich mich aus Gründen der beabsichtigten Motivation jugendlicher Teilnehmer allerdings auch dagegen, wie beispielsweise durch die gelegentliche Verwendung von "Slang"-Begriffen. Eine Reihe von Fragen verwendet das Forced-Choice-Prinzip, da angesichts des Umfangs des Fragenkatalogs die Befürchtung bestand, dass Zustimmungs- und Neutralitätstendenzen überhand nehmen könnten. Generell ist die Granularität der Skalierung eher uneinheitlich, was bei einzelnen Fragen einigen Teilnehmern gelegentlich Probleme bereitete. Diese und andere im Folgenden noch erörterte Aspekte spielten bei der Auswertung eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Eine Übersicht des Fragenkatalogs findet sich in Anhang A; die kompletten Poll-Ergebnisse sind in Anhang B als Referenz aufgelistet und auch auf der Homepage des Surveys einsehbar.

1.1.2 Technische Realisierung

Zur Anwendung kam ein Standard-Pollscript: die Antworten wurden in Form von HTML-Radiobuttons auf fünf respektive sechs Seiten präsentiert und abschließend per PHP in eine MySQL-Datenbank eingetragen (Frage 14. fungierte dabei als Weiche, so dass nur Clan-Mitglieder die letzte Seite zu bearbeiten brauchten). Auf jede Frage musste somit genau eine Antwort gegeben werden; Auslassungen wurden am Ende jeder Seite via JavaScript abgefangen und der Teilnehmer darauf hingewiesen, alle Fragen zu beantworten. Jede IP-Adresse wurde, um potentielle Spam-Versuche zu unterbinden, inklusive eines Timestamps für die Dauer von 30 Minuten gespeichert, solange für die erneute Teilnahme gesperrt und danach gelöscht. Die Überwachung des Wahlverhaltens mittels stichprobenartiger Einsichtnahme in die jeweils aktuellsten Einträge über den größten Teil der "Boom-Phasen" hinweg förderte trotz der immensen Teilnehmerzahl erfreulicherweise nur eine sehr geringe Zahl von Manipulationsversuchen technischer Natur zutage.

Nach Beendigung der Umfrage erfolgte eine Bereinigung der Rohdaten um technisch ungültige (72, einige Teilnehmer hatten durch das Erraten von Dateinamen gezielt ganze Seiten übersprungen) und diverse inhaltlich offenkundig unsinnige (149, z. B. Promotion mit unter 16 Jahren) Einträge. Betrachtet wurden somit am Ende 11.825 Datensätze.

1.2 Organisation und Durchführung

Nach Entwurf des Fragebogens wurde ein Pre-Testing in zwei Phasen durchgeführt: der erste Durchlauf bestand in der simulierten Teilnahme einer kleinen Gruppe ausgewählter, erfahrener Onlinegamer, der abschließenden Diskussion ihrer Kritikpunkte und einer dementsprechenden Korrektur des Fragenkataloges. Der zweite Schritt war die offizielle Freigabe, ohne allerdings sofort Werbemaßnahmen einzuleiten. Die am ersten Abend eher geringe Zahl von wenigen hundert Teilnehmern, welche in erster Linie durch Mundpropaganda im IRC (Internet Relay Chat) auf die Seite aufmerksam wurden, hätte mir ermöglicht, bei auftretenden Problemen gegebenenfalls noch Änderungen vornehmen zu können, bevor ein massenhafter Zugriff erfolgt wäre. In dieser Phase erreichte mich keinerlei nennenswertes Feedback per Mail, so dass ich schließlich die Verbreitung der URL in Angriff nahm.

1.2.1 Verlauf

An dieser Stelle stieß ich auf erste unerwartete Schwierigkeiten: trotz einer breiten Auswahl von Newspages verschiedenster Spielgenres, die meine Mail erhielten, dauerte es geraume Zeit, bis die ersten wirklich großen Seiten sich dazu entschieden, eine entsprechende Meldung zu veröffentlichen. Zum einen lag dies an der üblicherweise benötigten Vorlaufzeit von ein paar Stunden bis zu einem Tag, was auch nicht kritisch gewesen wäre. Zum anderen aber erhielt ich einige äußerst skeptische Antworten, welche die Seriosität der Umfrage in Frage stellten. Ich konnte diese Zweifel zwar durch Verweisen der Kritiker an die Adresse meiner Betreuer sowie durch die tatkräftige Unterstützung mehrerer mir gut bekannter Mitglieder der Szene umgehend entkräften, war aber trotzdem ein wenig verwundert, da ich von einem hohen Interesse an einer Teilnahme und der Verbreitung der Umfrage ausgegangen war, zumal sie von einem Spieler durchgeführt wurde.

Nachdem dann allerdings ein paar der führenden Newspages über die Umfrage berichtet hatten, explodierte die Zahl der Zugriffe und in einem Schneeballeffekt wurden automatisch nach und nach, wie erwartet, weitere Seiten aufmerksam. Binnen drei Tagen hatten über 5.000 Spieler sich beteiligt und noch war kein Ende abzusehen. Um den sechsten Tag herum stellte sich bei ungefähr 11.000 Teilnehmern schließlich eine Sättigung ein und die Zahl neuer Einträge stabilisierte sich bis zum Ende bei der Anfangsrate von einigen hundert pro Tag.

Insgesamt hat die immense Beteiligung meine Erwartungen deutlich übertroffen und die Datenbasis sollte hinreichend sein, um einige weitgehend gesicherte Schlußfolgerungen ziehen zu können - allerdings mit gewissen Einschränkungen. Um das prinzipbedingte Manko, bei Online-Umfragen generell keine völlig repräsentative Auswahl der Teilnehmer erreichen zu können, einigermaßen abzufedern, wurde versucht, möglichst viele Newspages möglichst vieler verschiedener Genres in die Verbreitung einzubinden. Dies ist überwiegend, aber nicht vollständig gelungen.

Zwar haben sich Seiten aller Art, darunter auch diverse Multigaming-Pages, an der Aktion beteiligt, so dass Spieler verschiedenster Genres in der Datenbasis angemessen vertreten sind. Die bei den Rückläufen aufgetretenen "Clusterungen" allerdings hatten ein enormes Ausmaß: selbst bei einem Stand von über 6.000 Einträgen bewirkte ein Newsposting auf einer der großen Rollenspielseiten noch unerwartet starke Veränderungen bei den Antworten auf einzelne Fragen. Auch eine längere Laufzeit der Umfrage hätte daran freilich wenig geändert, denn die Verbreitung solcher Nachrichten und die Bereitschaft zu ihrer Übernahme auf die eigene Page folgt weitgehend chaotischen Regeln und ist nicht selten auch von persönlichen Launen der entsprechenden Redakteure abhängig. Nicht zuletzt unterscheiden sich die Hit-Zahlen der Seiten teilweise um Größenordnungen und eine zuverlässige Beschränkung auf einen repräsentativen Querschnitt von Pages ist illusorisch.

Insbesondere kann daher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das quantitative Verhältnis der verschiedenen Genres von Spielen zueinander bei dieser Umfrage wirklich völlig repräsentativ ist; so machte z. B. keine der zentralen Community-Pages für Fantasy-basierte MMORPG vor Ende des Surveys auf diesen aufmerksam, weswegen die Anhänger dieses Spiel-Genres hier möglicherweise in geringerem Maße vertreten sind als andere. Eine Auflistung der an der Verbreitung der Umfrage beteiligten Websites, soweit bekannt, findet sich in Anhang C.

1.2.2 Feedback

Nachdem die Zahl der Einträge mit dem Erreichen der kritischen Masse von Newspages sprunghaft anstieg, mehrten sich Mails und Forumseinträge mit den verschiedensten Kommentaren und Anfragen. Die mit großem Abstand häufigste Frage war dabei "Wo kann ich die Ergebnisse einsehen?" bzw. "Wieso werden die Ergebnisse nicht angezeigt, wenn ich die Umfrage ausgefüllt habe?". Letzteres war natürlich keine Option, weil trotz des temporären Blockens der jeweils verwendeten IP-Adresse ein Restrisiko des "Poll Hammering" bestand und die Bekanntgabe von Zwischenergebnissen den Ausgang hätte beeinflussen können. Ausnahmslos alle Teilnehmer gaben sich aber mit dem Hinweis zufrieden, dass die Ergebnisse, wenn auch erst ein paar Wochen später, auf der Page frei einsehbar sein würden. Die weiteren Einlassungen waren überwiegend in folgende drei Kategorien einzuordnen:
  • Positives
  • "Hat Spaß gemacht!", "Endlich mal jemand, der sich für die Belange der Gamer interessiert!", "Super Sache, viel Glück bei der Arbeit!", "Ich fands gut, dass man bei einigen Fragen richtig überlegen musste!" und "Hoffentlich bringts was!", diese und ähnliche Formulierungen waren häufig anzutreffen. Dies dokumentiert zum einen das hohe Maß an Interesse vieler Gamer an der Umfrage, ist aber darüber hinaus noch in anderer Hinsicht relevant: eines der Hauptziele, nämlich, durch eine partiell unorthodoxe Gestaltung des Fragebogens die Teilnahme zu einer Art "Happening" werden zu lassen, ist ganz offensichtlich erreicht worden - was auch mit ein Grund für die ungewöhnlich hohe Beteiligung gewesen sein dürfte.

  • Negatives
  • "Macht da bloß nicht mit, die Daten der Leute mit Raubkopien und MP3s werden ganz sicher an die Behörden weitergegeben!", "Wer weiß denn schon, wie korrekt die Daten hinterher ausgewertet werden?", "Die Fragen sind so ähnlich wie bei kommerzieller Marktforschung, der zockt euch doch nur ab und verkauft die Daten hinterher!" und "Das bringt doch alles nichts..." waren hier die Parolen. Zwar ist anzumerken, dass die Bemerkungen dieser Rubrik erstens eine Minderheit darstellten und zweitens mich nicht eine einzige davon per Mail erreichte, sondern sie auf Foren beschränkt blieben. Nichtsdestotrotz aber war hier, wie auch zu Beginn meiner Mail-Aktion zur Verbreitung des Surveys von einigen Newspages, deutlicher Argwohn von Seiten diverser Spieler zu spüren.

  • Konstruktives
  • "Ich hätte bei Frage x gern mehrere Antworten gegeben.", "Bei Frage y musste ich eine Antwort ankreuzen, die nur ungefähr meiner Meinung entsprach.", "Da fehlt ein Textfenster, wo man freie Kommentare eingeben kann!", "Frage/Antwort x ist doppelt!" und "Ich kann keinen Sinn in Frage y erkennen...", diese Punkte machten den überwiegenden Teil der oft sehr ausführlichen Mails mit Verbesserungsvorschlägen aus. Als Quintessenz ergeben sich daraus folgende Erkenntnisse: viele Spieler stört in ihren Augen mangelnde Präzision, sie wollen möglichst exakte Angaben machen, am liebsten durch offene Fragestellungen; darüber hinaus haben sie wenig Verständnis für Fragen, deren Sinn oder Bezug zum Thema ihnen nicht unmittelbar einleuchtet.

1.3 Datenbasis und zukünftige Studien

Schon vor Beginn des Surveys war klar, dass ich im Rahmen dieser Arbeit nicht alle der teilweise präventiv erhobenen Daten detailliert würde auswerten können. Ich beschränke mich naturgemäß, was eine ausführlichere Analyse betrifft, in erster Linie auf die hinsichtlich der eingangs erläuterten Problemstellungen operationalisierten sowie einige ausgewählte isolierte Fragen. Als Folge bleibt ein Teil der äußerst umfangreichen Datenbasis zunächst weitgehend ungenutzt, könnte aber durchaus noch von Nutzen gerade durch Inbeziehungsetzen zu Ergebnissen nachfolgender oder angrenzender Studien sein. Die unter anderem bei Naturwissenschaftlern nicht unübliche Praxis, Messdatensätze jahrelang im stillen Kämmerlein zu verwahren, um nicht Gefahr zu laufen, dass jemand Ergebnisse damit erzielt, die man selbst noch zu finden beabsichtigt, ergibt im Kontext der primären Zielsetzung meiner Arbeit aber keinen Sinn. Aus diesem Grunde steht der volle Rohdatensatz auf Anfrage allen Mitarbeitern des Wissenschaftsbetriebs zu Forschungszwecken frei zur Verfügung, solange alle darauf basierenden Ergebnisse hinterher der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

1.3.1 Das fehlende Glied

Ein fundamentales Problem bei dem Versuch, die Gesamtmenge der Spieler und ihre genaue Verteilung auf verschiedene Genres zu ermitteln, ist das Fehlen von repräsentativen Ankerdaten. Weder ist die genaue Zahl der Onlinegamer bekannt, noch lässt sie sich im Netz zuverlässig ermitteln. Die Messung der Zugriffshäufigkeit entsprechender Pages, Spielestatistiken [GameSpy], oder die Auszählung bei zentralen Anlaufstellen registrierter Clans [ClanBase] können allenfalls Tendenzen aufzeigen, liefern aber nie quantitativ exakte Daten. Die Zuordnung zu bestimmten Genres gar ist noch viel problematischer, da Multigaming, also die regelmäßige Teilnahme an Spielen verschiedener Genres, sowohl bei Einzelspielern als auch bei Clans weitverbreitet ist. Benötigt wird daher eine Pilotstudie - und zwar offline. Viele kommerzielle und nichtkommerzielle Repräsentativstudien, wie z. B. der Mikrozensus, beinhalten bereits jetzt Fragen zur technischen Ausstattung und Netzanbindung [destatis1]. Würde man diese um nur wenige Fragestellungen, wie "Spielen Sie/Ihre Kinder gelegentlich oder regelmäßig Computerspiele? Online oder offline? Welche Genres bevorzugen Sie?" erweitern, wäre nicht nur endlich eine gesicherte Datenbasis verfügbar, sondern es könnten schlagartig sämtliche bereits durchgeführten Online-Umfragen zu dieser Thematik akkurat eingeordnet und auf Repräsentativität überprüft werden. Solange diese Voraussetzung aber nicht gegeben ist, erscheint bei Online-Umfragen eine gezielte Beschränkung auf einzelne Genres sinnvoll: die Klientel ist übersichtlicher, die Zahl der zu durchdringenden Newspages kleiner und die Fehlerquote durch Clusterung bei der Verbreitung geringer.

1.3.2 Hinweise zur Durchführung weiterer Surveys

Basierend auf dem Verlauf der Erhebung und dem Feedback der Spieler haben sich einige Kriterien herauskristallisiert, welche sich unter Umständen als nützlich für die Verfasser ähnlicher Umfragen erweisen könnten. Folgende drei Punkte sind dabei besonders wichtig:
  • Credibility
  • Viele Gamer sind aufgrund schlechter Erfahrungen mit offiziellen Stellen und kommerziellen Trendscouts nicht ganz zu Unrecht misstrauisch, was Umfragen betrifft. Bei der Ausräumung solcher Bedenken sollte beachtet werden, dass akademische Grade hier weit weniger hilfreich als der Nachweis einer wie auch immer gearteten persönlichen Beziehung zur Szene sind. Für Nicht-Spieler ist es daher unerlässlich, im Vorfeld der Studie umfangreiche Kontakte zu etablierten Strukturen wie größeren Clans oder Gilden zu knüpfen. Dies hat auch Vorteile beim Design und Testen des Fragebogens und bietet darüber hinaus später Ansätze zur schnelleren Verbreitung der Umfrage. An im Vorfeld gegebenenfalls gemachte Zusagen wie den Verzicht auf kommerzielle Verwertung der Daten o. ä. sollte sich unbedingt gehalten werden.

  • Striking the right note
  • Von essentieller Bedeutung ist, die Spieler ernst zu nehmen. Die überwiegende Mehrheit ist sehr daran interessiert, zum Gelingen der Umfrage beizutragen und sogar eigene Vorschläge einzubringen. Mögen diese auch teilweise eher unausgegoren sein, so ist trotzdem darauf zu achten, sie nicht zu ignorieren, sondern darauf, wenn irgend möglich, zumindest kurz einzugehen. Dies lohnt sich nicht nur hinsichtlich einiger wertvoller Hinweise auf Probleme, die man selbst nicht bedacht hatte, sondern eröffnet auch bei der späteren Publikmachung gelegentlich ungeahnte Möglichkeiten. Um den Link zur Umfrage auf einer Seite mit mehreren tausend Hits am Tag zu plazieren, ist es nämlich keineswegs erforderlich, dass der Poster in der Lage ist, sinnvolle Anregungen zu geben - wohl aber, dass er nicht verärgert über den Initiator der Studie ist. Für das Vorwort zur Umfrage hat sich desweiteren ein solidarischer, appellativer Stil bewährt.

  • Fun, Fun, Fun
  • Um es mit den Worten eines Teilnehmers am Gamers-Survey auf den Punkt zu bringen: "Endlich mal ein Fragebogen, der nicht aussieht, wie von einem 100-jährigen Psychologen erstellt!" Beim Design des Fragebogens - und das ist nahezu ein Garant für eine hohe Teilnehmerzahl - sollte unbedingt auf den Spaßfaktor geachtet werden, denn es handelt sich bei den Befragten schließlich um Spieler, die eine Minute zuvor noch auf einer Spieleseite News gelesen haben. Es ist daher kaum verwunderlich, dass sich ihnen der spröde Charme standardisierter Evaluationsbögen im Stil von "Kundenzufriedenheit bei der Montage von Einbauküchen" nicht unmittelbar erschließt. In diesem Sinne sollte darauf Wert gelegt werden, verschiedene Fragestile zu mischen, wenn möglich gelegentlich Insider-Sprache zu verwenden und auch die eine oder andere Frage zu stellen, die irrelevant für den Interviewer ist, dafür aber die Spieler interessiert, oder auch einfach nur humoristische Qualitäten besitzt.
Was die genaue Methodik angeht, so sind natürlich unterschiedliche Stile möglich, je nach Messvorhaben. Die Poll-Form hat aber gute Ergebnisse erzielt und ich würde bei breit angelegten Erhebungen in diesem Metier auf jeden Fall wieder die Verwendung einer geschlossenen Frageform empfehlen, vorausgesetzt, der Interviewer ist mit der Szene und ihren Belangen einigermaßen vertraut. Die Granularität der Antworten auf qualitative Fragen sollte nicht zu niedrig angesetzt und stets eine Ausweichmöglichkeit wie "weiß nicht" gegeben sein. Die Spieler zeigen nämlich keine größeren Tendenzen zum "Rasen" durch die Umfrage, sind aber schnell besorgt oder verärgert, wenn ihre Wunschantwort allzu weit von der angebotenen Auswahl abweicht. Ihrer Aufmerksamkeitsspanne ist darüber hinaus eine gewisse Zahl komplexerer Antwortmöglichkeiten durchaus zuzumuten und diese Möglichkeit sollte auch genutzt werden. Beschränkt man die Gesamtzahl der Fragen auf ca. 50-60 und führt davon wesentliche Kernfragen (wie z. B. nach den bevorzugten Genres) als qualitativ-quantitative Matrix aus, erhält man sehr präzise Daten, ohne eine Verringerung der Teilnehmerzahl befürchten zu müssen. Kontrollfragen sollten wohldosiert eingesetzt und kreativ getarnt werden; eine simple Invertierung wird sofort als Wiederholung erkannt und ist äußerst unbeliebt. Sehr empfehlenswert ist meiner Meinung nach auch eine Abschlussfrage der Art "Bewerte die Qualität der Umfrage auf einer Skala von ...", gefolgt von einem offenen Textfeld für freie Kommentare, denn dies erspart, wie auch die rechtzeitige Bekanntgabe der Information, wann und wo die Ergebnisse einsehbar sein werden, einen Großteil des zeitraubenden Mailverkehrs.

Die Konstruktion einer Umfrage unter derselben Klientel nach obigem Muster dürfte bei einer Laufzeit von mehreren Wochen und gelungenem Social Networking eine Teilnehmerzahl von 20.000 möglich machen.


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